13.09.2018 Ramon Schack

Donald Trump in den außenpolitischen Fußstapfen Hillary Clintons?


Trumps Iran-, Russland- und Syrien-Politik ähnelt immer mehr der seiner Vorgänger und seiner ärgsten Konkurrentin während des Wahlkampfes, Hillary Clinton.

Trumps Iran-, Russland- und Syrien-Politik ähnelt immer mehr der seiner Vorgänger und seiner ärgsten Konkurrentin während des Wahlkampfes, Hillary Diane Rodham Clinton.

Es ist Zeit, einen kritischen Blick auf die nun tatsächlich vollzogene Außenpolitik des umstrittenen US-Präsidenten Donald John Trump zu werfen, nachdem dieser vor rund zwei Jahren, während des Wahlkampfes um den Einzug ins Weiße Haus, vor seiner Konkurrentin Hillary Clinton mit folgenden Worten warnte: "Der Syrien-Konflikt wird in einem Dritten Weltkrieg enden, wenn wir auf Hillary Clinton hören."

Zu jener Zeit bezog sich Donald J. Trump auf die Pläne Clintons, in Syrien Flugverbotszonen einzurichten. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters appellierte Trump damals leidenschaftlich, sich auf die Bekämpfung des sogenannten Islamischen Stasts (IS) zu konzentrieren und nicht auf die Beseitigung des "Assad-Regimes“. Vor seinem Wahlsieg ergänzte er, dass man ansonsten nicht nur gegen Syrien, sondern auch gegen Iran und Russland kämpfen müsse.

Und heute? Zwei Jahre nach seinem Einzug ins Weiße Haus führt der Milliardär die von ihm damals zu Recht kritisierte Politik in einer Weise fort, dass Hillary Diane Rodham Clinton sicherlich stolz auf ihn sein kann. Der damaligen trumpschen Logik folgend, müsste sich die Welt also am Rande eines Dritten Weltkrieges befinden.

In diesen Tagen, wo die syrischen Regierungstruppen dabei sind, die territoriale Integrität Syriens wiederherzustellen, am Vorabend der Offensive auf die von Rebellen gehaltene Region um die Stadt Idlib, praktiziert Trump das, was er damals an Clinton kritisierte. Er sendet Drohungen an Syrien, Iran und Russland, flankiert von den obligatorischen Warnungen vor Giftgaseinsätzen, die dann in der Regel auch tatsächlich stattfinden, meist in den Gegenden, die von den Rebellen beherrscht wurden oder werden.

Trump eine Marionette?

Nun sind gebrochene Wahlkampfversprechen wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal der Präsidentschaft von Donald Trump. Die radikalen Kehrtwendungen in seinen außen- und verteidigungspolitischen Konzeptionen werfen aber die Frage auf, ob er in diesen Themengebieten etwas zu sagen hat, oder ob er gar wie eine Marionette an den Fäden von Michael Richard "Mike" Pompeo, dem ehemaligen Chef der CIA und jetzigen Außenminister, und John Robert Bolton, dem "Falken“ und Nationalen Sicherheitsberater, hängt, die sich als abgehalfterte und von der Geschichte schon widerlegte Strategen Zugang zu den relevanten Machtpositionen erschlichen haben, freilich mit der Billigung von Trump selbst.

Ein Psychopath im Weißen Haus?

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, die Vorkommnisse zu studieren, die sich in diesen Tage um die Veröffentlichung eines neuen Enthüllungsbuches offenbaren, - direkt aus dem Herzen der Macht Washingtons. Die mehrfach ausgezeichnete Reporterlegende Robert Upshur "Bob“ Woodward schreibt in ihrem neu erschienenen Buch "Fear: Trump in the White House" ("Zum Fürchten: Trump im Weißen Haus“), dass ein Großteil der Trump-Mitarbeiter_innen damit beschäftigt sei, den Präsidenten davon abzuhalten, das Welthandelssystem zu zerstören, die nationale Sicherheit zu untergraben und Kriege anzuzetteln.

Die Washington Post, für die Woodward seit 1971 schreibt, hatte vorab Auszüge veröffentlicht, die alles andere als schmeichelhaft für den Präsidenten sind. Trump wird als wütender Psychopath präsentiert, der sich vollkommen der Kontrolle seiner Mitarbeiter_innen entzieht.

Das Weiße Haus sei ein Hort des Chaos, und Trump dränge ständig zu Aktionen, die schwere Konflikte zur Folge hätten, welche nur von seinem heldenhaften Umfeld verhindert werden könnten, so lautet der Tenor. In dem Buch behauptet Woodward auch, dass Trump gefordert haben soll, den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu töten: "Lasst uns Assad verdammt noch einmal töten. Lasst uns ganz viele von denen töten", soll Trump während eines Telefonats gebrüllt haben, was er selbst aber bestreitet.

Ein anonymer Beitrag in der New York Times

Die Vorwürfe gegen Trump wurden letzte Woche noch  durch einen anonymen Beitrag in der New York Times verstärkt. Der Autor begann seinen Beitrag mit den Worten: "Ich bin Teil des Widerstands innerhalb der Trump-Regierung". Der Verfasser, der sich in dem Text als ranghohes Mitglied der Regierung outet, führt darin Folgendes aus: "Das Dilemma – welches er [Trump] nicht ganz begreift – ist, dass viele ranghohe Beamte seiner eigenen Regierung unablässig daran arbeiten, Teile seiner Politik und seiner schlimmsten Einfälle zu vereiteln", schrieb der Autor oder die Autorin. "Ich sollte das wissen, ich bin einer/eine von ihnen."

Unabhängig davon, ob diese Vorwürfe einen wahren Kern haben, ist es doch interessant zu lesen, dass die eigene Regierung gegen Trump arbeitet, wie es behauptet wird. Liegt es also daran, dass Trump seinen Wahlversprechen nicht mehr folgt - oder nicht mehr folgen kann? Und warum sollten hohe Regierungsbeamte daran interessiert sein, die Krise mit Iran, Russland und Syrien zu verschärfen?

Die Saudi-Connection

Wer auf diese Frage eine Antwort sucht, dem sei das neue Buch des renommierten Nahost-Experten Michael Lüders empfohlen: "Armageddon im Orient - wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt."

In seinem Werk schreibt Lüders: "Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien kreisen wesentlich um Erdöl, Waffengeschäfte und fragwürdige Deals im Dunstkreis der Finanzindustrie, zum Nutzen einer kleinen Gruppe milliardenschwerer Investoren hier wie dort."

Man muss sich diese Zeilen, deren Inhalt und Aussagekraft, immer wieder ins Gedächtnis rufen, um zu verstehen, wieso sich der republikanische US-Präsident Trump in keinster Weise mehr an seine Versprechen aus dem Wahlkampf erinnern möchte oder kann.

Bei Lüders heißt es weiter: "Gleichzeitig ist die Versorgung mit billigem oder wenigstens doch günstigem Öl und Benzin der Schmierstoff westlicher Konsumgesellschaften, insbesondere in den USA. Das Auto als Fetisch. Der American way of life, beide sind undenkbar ohne bezahlbare Energiepreise. Die Kehrseite dieses Geschäftsmodells, gewissermaßen sein siamesischer Zwilling, sind religiöser Fundamentalismus und islamistischer Terror - der Wahhabismus hatte sich nicht in Luft aufgelöst. 15 der 19 Attentäter des 11. September 2001 stammten aus Saudi-Arabien, auch Osama bin Laden. Al Qaida hat dort seine ideologischen Wurzeln: der dramatische Höhepunkt einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, eines möglicherweise unlösbaren Problems."

Hier erklärt sich, weshalb die Außenpolitik des Geschäftsmanns Trump lediglich alter Wein in alten Schläuchen ist. Um die dadurch hervorgerufene Gefährdung des Weltfriedens zu beenden, sind fundamentalere Lösungen erforderlich, als lediglich ein Machtwechsel im Weißen Haus.


Ramon SchackRamon Schack (geb. 1971) ist Diplom-Politologe, Journalist und Publizist. Er schreibt für die „Neue Zürcher Zeitung“, „Zeit Online“, „Deutschland-Radio-Kultur“, „Telepolis“, „Die Welt“ und viele andere namhafte Publikationen. Ende 2015 wurde sein BuchBegegnungen mit Peter Scholl-Latour – ein persönliches Portrait von Ramon Schack" veröffentlicht, eine Erinnerung an geteilte Erlebnisse und einen persönlichen Austausch mit dem berühmten Welterklärer.


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Rückblick27-12-18

Nun, nachdem endlich Trump dabei ist, sich durchzusetzen und die US-Truppen in Syrien nach Hause zu bringen, denke ich, dass die Gründe, die ihn daran hinderten, sein Wahlkampfversprechen hinsichtlich Syriens einzulösen, mehrere der oben genannten gewesen sind.





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